27.03.2020

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Die Krise hat uns alle fest im Griff. Viele von uns informieren sich über die aktuellste Lage über die sozialen Medien. Und hier fangen viele Probleme an. Social Media trägt massiv zur Verschärfung der Lage bei – und hilft gleichzeitig enorm, die Krise zu bewältigen.

Um diesen Spagat zu verdeutlichen, habe ich hier 5 Beispiele für teilweise massiv negative und 7 Beispiele für sehr positive Auswirkungen der sozialen Medien auf die Corona-Krise zusammengestellt.

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Inhaltsverzeichnis

Wie Social Media die Corona-Krise verschlimmert

1. Panikmache und Verunsicherung

Die sozialen Medien tragen stark zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Viele Menschen bekommen mittlerweile sogar richtiggehend Angst. Das liegt vor allem an der schieren Masse an Corona-relevanten Meldungen in den Newsfeeds der Menschen. Bei mir sind auf Facebook seit Wochen locker 9 von 10 Posts ausschließlich Corona-bezogen. In der Psychologie ist der Effekt, dass etwas, das sehr präsent ist, automatisch auch als sehr wichtig und sehr schlimm (oder gar sehr bedrohlich) wahrgenommen wird, gut bekannt.

[Tweet „99% der Social Media Feeds bestehen aktuell aus Corona. Was macht das mit der Psyche? „]

Natürlich ist die Lage sehr ernst, kritisch und angsteinflößend. Aber ob eine ständige Wiederholung der Bedrohungslage von morgens bis abends gesund ist, wage ich mal zu bezweifeln.

Momentan sind die Präferenzen beim Googlen klar
Momentan sind die Präferenzen beim Googlen klar

2. Hamsterkäufe

[Tweet „Die sozialen Medien sind zum großen Teil mitverantwortlich für die Hamsterkäufe von Nudeln und Klopapier.“]

Vor allem die hunderttausendfach geteilten Bilder von leeren Regalen in den Supermärkten verstärken die wahrgenommene Bedrohung der Lage deutlich und verstärken den Effekt. Denn selbst jemand, der über das Thema gar nicht nachgedacht hätte, empfindet nun angesichts der massig geposteten Fotos von Klopapier-Hamsterkäufen und leeren Regalen plötzlich Angst, zu kurz zu kommen. Hamsterkäufe lassen sich durch diesen Effekt gut erklären. Und durch soziale Medien wird dieser Effekt extrem verstärkt.

3. Verbreitung von Pseudo-Wissenschaft und Halbwahrheiten

Social Media haben den großen Vor- und Nachteil, dass jeder seine Meinung und Sichtweisen völlig ungefiltert in die Welt hinaus posaunen kann. Die harmlosen Auswüchse davon sind sinnlose Fun-Videos oder lustige YouTube-Erklärbären – die weniger harmlosen sind Videos wie das „Corona – Kein Grund zur Panik“-Video, in dem ein umstrittener Wissenschaftler sehr verharmlosende Aussagen zur Krise tätigt.

Da er als quasi einziger eine sehr konträre Meinung zu den aktuellen Meinungen vertrtitt, erhält das Video (das ich hier bewusst nicht einbette) hohe Aufmerksamkeit und starke Verbreitung in den sozialen Medien. Vor allem einschlägige Player (z.B. KenFM) springen stark darauf an und tragen weiter zur Verbreitung bei.

Und falls du dem Video bisher Glauben geschenkt hast – hier mal ein seriöser Wissenschaftler, der die Behauptungen in dem genannten (und anderen) Video(s) zerlegt.

YouTube

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4. Verhaltensbeeinflussung und Corona-Parties

Die aktuelle Ausbreitung des Corona-Virus scheint vor allem dadurch befeuert zu werden, dass sich Menschen nicht an die „social distancing“-Aufrufe halten. Und auch hier spielen die sozialen Medien eine wichtige Rolle. Wer seine Freunde auf Facebook-Fotos fröhlich in Gruppen auf der Rheinwiese sitzen sieht oder von Bekannten unbeschwerte Videos aus dem Café bei bestem Wetter geschickt bekommt, wird sich nur sehr ungern an selbst auferlegte Ausgangsbeschränkungen halten. „Wenn die das machen, kann ich doch auch rausgehen“ ist für viele die nächstliegende, aber fatale Schlussfolgerung.

[Tweet „Social Media bieten leider auch den Nährboden für Corona Parties und „Jetzt erst recht“-Haltungen“]

Ihren Gipfel findet dieser Irrsinn wohl in den „Corona Parties“, zu denen auch via Facebook und andere Netzwerke aufgerufen wurde.

Facebook

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5. Fake News

Das wahrscheinlich größte Problem, das durch die sozialen Medien massiv verschärft wird, ist die Verbreitung von „echten“ Fake News. Was hier gerade abgeht, ist nahezu unglaublich.

Eine der bekanntesten Fake News in den letzten zwei Wochen war wohl die angeblich von der Medizinischen Universität Wien stammende Audio-Nachricht, in der „die Mutter von Poldi“ vor der Einnahme von Ibuprofen bei Corona warnt. Diese Nachricht wurde exzessiv auf WhatsApp und in den sozialen Netzwerken geteilt. Wer dahinter steckt, ist bis jetzt unklar.

Auch angebliche Meldungen der Supermarkt-Ketten, dass Schließungen unmittelbar bevorstünden, werden reihenweise als Spruchbilder geteilt, entbehren aber jeglicher Grundlage.


Die sozialen Medien versuchen jetzt massiv, die Verbreitung von Fake News einzudämmen. Am 17. und 18.03. bemerkten das viele Nutzer, deren geteilte Links oder Kommentare von Facebook gesperrt wurden, auch wenn es sich um vollkommen seriöse Quellen und teilweise sogar um Postings handelte, die mit Corona direkt gar nichts zu tun hatte. Hier ist offenbar ein Algorithmus am Werk, der sich erst noch „einpendeln“ muss.

Wie Social Media in der Corona-Krise helfen

Was die Lage so interessant macht, ist, dass soziale Medien zwar massiv Schaden anrichten, aber gleichzeitig auch sehr positive Auswirkungen haben.

[Tweet „Social Media – Fluch und Segen zugleich in Zeiten von #covid19“]

1. Aufmunterung

Ganz simpel, aber für viele Menschen wichtig: In Social Media wird wahnsinnig viel geteilt, was in der aktuell kritischen und stressigen Situation für Aufheiterung sorgt. Von witzigen Memes oder Persiflagen über lustige Videos bis hin zu sehr ausgefallenen Aktionen sorgen kreative Nutzer mit ihrem Content für Lacher und Momente der Entspannung. Das Ganze liegt rgendwo zwischen Galgenhumor und Durchhalte-Inspiration – ist aber mit Sicherheit ein wichtiger Baustein in der Bewältigung dieser Krise.

Neben Facebook ist vor allem TikTok das Netzwerk, wo viele witzige Inhalte zur Corona-Krise gepostet wird. Vor allem Einblicke, wie andere Leute ihre Quarantäne und Ausgangssperren bewältigen, sind immer wieder lustig. Unter Hashtags wie #imbored, #happyathome, #meinhomeoffice oder #coronaferien lohnt es sich echt, mal reinzuschauen.

@maxploreSo könnt ihr eure Nachbarn in Corona Zeiten mal so richtig nerven ?? ##UnterhalteUns ##Happyathome ##Klopapier ? @craig.tv♬ Originalton – maxplore

Mein eigenes Video zu #meinhomeoffice wurde immerhin über 17.000x angesehen – damit hätte ich selbst nicht gerechnet.

@felixbeilharz.officialHomeoffice-Schabernack oder ##beziehungsprobe? ? ##happyathome ##homeofficechallenge♬ Originalton – felixbeilharz.official

2. #nachbarschaftschallenge

Überall in Deutschland bieten Menschen via Twitter, Facebook und anderen sozialen Medien unter Hashtags wie #nachbarschaftschallenge ihre Hilfe für Nachbarn an, die nicht mehr raus können/dürfen. Für Menschen, die nicht online sind (vor allem Senioren) werden auch entsprechende Zettel in die Treppenhäuser gehängt. Vor allem verbreitet sich die Idee aber über die sozialen Netzwerke. So unterstützen Social Media den nachbarschaftlichen Zusammenhalt – das eigentliche „Social Network“.

3. Spenden via Facebook

Auch konkrete finanzielle Hilfe wird über Social Media möglich. Neben unzähligen kleinen Spenden-Aktionen hat z.B. Facebook selbst eine Spenden-Aktion gestartet mit dem Versprechen, 10 Millionen Dollar an Spenden zu verdoppeln. Und das nun bereits zum zweiten Mal, nachdem die ersten 10 Millionen voll waren.

Facebook verdoppelt Spenden
Facebook verdoppelt Spenden

4. Dankbarkeits-Gesten für die medizinischen Fachkräfte

Ich muss gestehen, es war schon ein sehr ergreifendes Gefühl, auf dem Balkon zu stehen und zu klatschen, während von überall Klatschen, Pfiffe und Jubel zu hören war. Diese schöne Geste als Dank für alle Medizin-, Pflege- und sonstigen Einsatzkräfte, die uns helfen, die Krise zu überstehen, hat sich in Windeseile in den sozialen Medien verbreitet. Ich habe auch nur via Facebook davon erfahren.


Und ja, natürlich „bringt“ diese Geste nichts. Sie heilt keinen Corona-Patienten und sie schafft kein freies Krankenhausbett. Aber sie tut gut. Denen, die klatschen und sicherlich auch denen, für die geklatscht wird. Danke Facebook, dass ich diese Situation auf dem abendlichen Balkon erleben durfte.

5. Hilfe in Gruppen

Ein ganz wesentlicher Aspekt, wie Social Media in der aktuellen Situation hilft, sind die Gruppen, vor allem auf Facebook und über WhatsApp. Ich will mich hier mal auf Facebook-Gruppen beschränken.

Für nahezu jede Stadt, Landkreis oder Bundesland haben sich Gruppen gebildet, die „Coronahilfe“ oder „Corona Hilfe“ im Namen tragen. Hier tauschen sich Menschen aus, machen sich Mut und helfen sich vor allem konkret mit Erledigungen, Wissen und Tipps.

6. Hauskonzerte

Durch die Krise lernen wir auch Stars von einer ganz anderen Seite kennen. Da alle Konzerte, Festivals und sonstigen Auftritte abgesagt wurden, haben viele Musiker angefangen, einfach kleine Unplugged-Konzerte via Social Media zu streamen. So kann trotzdem jeder Musikliebhaber Live-Musik erleben, ganz sicher und bequem von zuhause aus.

Hierfür kommen endlich die diversen Livestream-Möglichkeiten bei Facebook, Instagram, Twitter oder YouTube verstärkt zum Einsatz.

7. Unterstützung für Unternehmen

Gerade lokale und regionale Unternehmen leiden unter der Krise. Restaurants, Friseurbetriebe, Massagesalons, Cafés, Kneipen, Freizeiteinrichtungen und unzählige andere Unternehmen haben geschlossen und müssen derzeit auf Umsatz verzichten.

Um zumindest den Gastronomen zu helfen, hat mein Kollege Florian Litterst eine Aktion ins Leben gerufen: Er schaltet kostenlos Facebook- und Instagram-Ads für Restaurants, die Lieferdienste anbieten. Denn wenn das Angebot da ist, muss es nur noch zum Kunden kommen. Und dafür eignen sich Werbeanzeigen auf Facebook und Co. sehr gut. Nur sind kleine Unternehmen damit meistens überfordert und Geld für einen professionellen Berater ist momentan knapp.

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Ich habe Flos Aktion auf Facebook gesehen und war begeistert. Mindestens ebenso begeistert war ich allerdings, wie schnell quasi alle relevanten Leute der Facebook Ads-Szene mitgezogen haben. Mittlerweile sind es 17 Freelancer und Agenturen, die ihre Dienste für Restaurants und mittlerweile auch andere Unternehmen (z.B. Blumenläden, Spielzeuggeschäfte etc.) aus ihrer Region kostenlos anbieten. Unter anderem auch die geschätzten Kollegen Jan Stranghöner, Mike Wattrodt, Sebastian Vogg oder Jakob Strehlow. OMR hat darüber bereits berichtet.

 

Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Ich sehe tägliche Live-Streams auf Facebook oder Instagram von Marketing-Kollegen, die kostenlos Tipps geben für Strategien und Techniken in der aktuellen Situation. Viele Anbieter stellen z.B. Software oder Produkte kostenlos zur Verfügung und verbreiten das über Social Media.

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Ich selbst biete Unternehmern oder Angestellten, die aktuell stark von der Krise getroffen sind, Tickets zu meiner hashtag.business Konferenz kostenlos an. Und zwar privat, ohne dass sich jemand dafür öffentlich outen muss.

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Übrigens startet Facebook selbst ein 100 Millionen Dollar Hilfsprogramm für 30.000 KMUs weltweit. Derzeit kann man sich auf die Infoliste setzen lassen.

Fazit

Letztlich zeigt sich durch die Krise, was Social Media eigentlich ausmacht: die Menschen. Soziale Netzwerke sind keine Software oder Plattformen, sondern Menschen, die sich miteinander vernetzen. Dabei kommt raus, was eben rauskommt, wenn Menschen miteinander interagieren. Abscheuliche Abgründe und wunderbare Erlebnisse. Social Media ist, was wir draus machen. Auch und vor allem in der Krise.

[Tweet „Socical Media ist, was wir draus machen. Vor allem in der Krise. „]

Felix Beilharz

Über den Autor

Felix Beilharz ist "einer der führenden Berater für Online- und Social Media Marketing" (RTL) und "gehört zu den besten Rednern Deutschlands" (WAZ).

Seit 2022 ist Felix im Online-Marketing unterwegs. Er hat Vorträge, Seminare und Workshops in 16 Ländern gehalten, 10 Bücher geschrieben und zählt 22 der 100 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands zu seinen Kunden.

Felix unterrichtet an mehreren Hochschulen in Deutschland und der Schweiz und ist regelmäßig als Experte in TV, Radio und Print-Medien zu Gast.


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